Zu allererst einmal eine kleine Frage: Wissen Sie, wie viele Abos (nicht nur kostenpflichtige!) Sie zur Zeit so am Laufen haben?
Mobilfunk, Festnetz, Zeitung, Strom, Fitnessstudio, BahnCard, Abo-Boxen, Musik, Video, Pay-TV, Shopping, Autoclub, Sportverein, Tierschutzverein, Apps, Newsletter, Software und so weiter und so fort …
Nein? Dann geht’s Ihnen wie bestimmt den meisten von uns. Nur die wenigsten haben wohl einen genaueren Überblick über sämtliche Abonnements, die sich im Laufe der Jahre so angesammelt haben.
Das ist irgendwie, wie mit den Klamotten im Schrank oder den Kartons im Keller. Was teuer war (ist) und/oder, was man regelmäßig nutzt, liegt ganz vorn aber eine Menge anderes Zeugs hat sich mit der Zeit in den verschiedensten Schränken, Schubladen, Ecken und Winkeln angesammelt.
Und Corona hat dazu beigetragen, dass unser Abo-Berg noch größer wurde, denn wenn man eins hatte in Lockdown-Zeiten, dann war es Zeit, gezwungenermaßen oder auch aus bewusster Rücksicht auf andere Menschen. Zeit auch, sich Dingen zu widmen, die man eigentlich schon immer mal machen wollte aber nie in den eng durchgetakteten Alltag integrieren konnte (oder wollte). Auf einmal saß man da, mit sich selbst, dem engsten Familienkreis und wusste nicht so recht, was tun. Für viele Menschen ein schon lange nicht mehr gekanntes “Problem”.
Und, wenn die glückliche Mehrheit der Deutschen plötzlich noch etwas (übrig) hatte, dann war es Geld. Lust-und-Laune-Shopping, Friseur-, Kino- und Restaurantbesuche oder Urlaubsreisen fielen ersatzlos aus. Fitnessstudios, Sportvereine oder Kultureinrichtungen erließen die Mitgliedsbeiträge. Tanken musste man in Kurzarbeit und Homeoffice nicht mehr so oft und die Monatskarte für Bus und Bahn wurde auch nicht gebraucht. Größere Anschaffungen wurden vorsichtshalber nach hinten verschoben – und plötzlich wuchs der Kontostand von Monat zu Monat.
Klar, der Onlinehandel, allen voran Amazon, profitierte vom Zeit- und Geldüberschuss – und von den fehlenden Möglichkeiten Scheine und Münzen persönlich beim Unternehmer um die Ecke vorbeizubringen. Er erlebte einen wahren Boom, weil nur er die Kontakt- und Klopapierlücke schließen konnte. Aber selbst beim Einkaufen sparte man noch Zeit. Durch Onlineshops zu klicken geht halt deutlich schneller als Läden abzuklappern.
Die “geschenkte” Zeit wollte gut genutzt sein. Die einen entdeckten den eigenen Garten (wieder), die anderen die leicht angestaubten Bücher im Regal. Selbstkochen wurde zur neuen Norm. Dazu wurde gestreamt, was das Zeug hält. Es wurde gewerkelt, gesportelt, gebastelt, gelernt und gekocht. Alles innerhalb der eigenen Familie und innerhalb der eigenen vier Wände. Kurzarbeit, Homeoffice und Homeschooling – alles vom eigenen Sofa aus.
Noch andere nutzten die Zeit, um sich weiterzubilden. Die einen, weil sie es wollten, andere, weil sie es mussten. Schließlich ging innerhalb von wenigen Wochen so gut wie nichts mehr ohne Internet. Auch, wer bis jetzt noch nicht auf die Idee gekommen war, sich, sein Unternehmen, seine Produkte und Dienstleistungen im Netz zu verkaufen – jetzt kam er nicht mehr drum herum.
Für das alte (neue) Business oder das neue (alte) Hobby brauchte man vor allem eines: Inhalte, Anleitungen und Informationen. Nur, man hatte niemanden, den man mal eben um Rat fragen, der mal kurz vorbeikommen, mit dem man zusammen etwas auf die Beine stellen konnte. Corona-Zeit war eben auch Einsamkeit.
Zoom und andere Video-Conference-Tools profitierten enorm. Genauso wie Amazon, Google und Microsoft mit ihren Cloud-Diensten. Dazu kamen Service-Provider und natürlich die Social-Media- und Streaming-Anbieter. Alle alle zusammen haben Homeoffice ja erst möglich (und erträglich) gemacht.
Auf einmal wurden Hörbuchanbieter für viele gestresste Eltern zum “Lebensretter”. Das Corona-Schul-Dilemma dagegen hat dafür gesorgt, dass manche Eltern zusätzlich auf E-Learning-Angebote setzten, damit ihre Kinder überhaupt noch so etwas wie Schule erlebten.
Beim (nicht mehr ganz so) neuen Volkssport “Serien oder Filme streamen” hat man die Qual der Wahl: Netflix, Amazon Prime Video, Apple TV, Disney Plus, Sky Ticket, Magenta TV, Joyn Plus oder TV Now. Mit etwas Glück kann man hier noch komplette Serien bei einem einzigen Anbieter ansehen.
Das geht mit den Spielen seines Lieblingsfußballvereins ab nächster Saison nicht mehr, denn die Deutsche Fußball Liga hat die Rechte nach Wochentagen vergeben. Samstags und unter der Woche muss man für Sky zahlen, Freitags und Sonntags für DAZN. Auch Sat1 hat ein Live-Rechtepaket erworben. Hier muss man nichts zahlen aber nervige Werbung über sich ergehen lassen. Spielt der eigene Klub auch noch in der Champions-League kann man die meisten Spiele auf DAZN streamen aber wenn man Pech hat spielt das eigene Team am Dienstag im Topspiel. Das gibt es dann exklusiv bei Amazon. Immerhin kann man das Endspiel dann beim ZDF sehen.
Neuerdings kann man sogar Auto-Abos abschließen. Hier muss man nur noch selbst fahren, tanken – und, wenn man es unbedingt will, auch mal waschen. Den Rest (Versicherung, Steuern, Wartung, Reparaturen) erledigt der Anbieter. Die Laufzeiten sind kurz (1-6 Monate) und wenn man will, kann man sich so alle paar Monate ein anderes aktuelles Auto oder Modell in die Garage oder vor das Haus stellen.
Viele Menschen haben während der Corona-Zeit Abos für Kochkurse abgeschlossen, um sich selbst ein wenig Genuss zuzubereiten – und Abos für Fitnesskurse, um die dabei ganz umsonst zugelegten Kilos auch wieder los zu werden. Andere abonnierten Abos für regelmäßiges Entspannen mit Pilates und Co. Einige buchten eigene Coaches um in der stressigen Zeit mit Druck, Ängsten und sich selbst klarzukommen.
Gab es schon vorher einen Boom von Coaches, Trainern und Mentoren wurde daraus jetzt eine ganze Industrie. Coaches und Trainer suchten ihre Kunden im Internet und diese gleichzeitig online nach Coaches und Trainern. Eigentlich eine Win-Win-Situation – wenn auch in schwierigen Zeiten, in denen viele Unternehmer um ihre Existenz fürchten mussten und immer noch müssen.
Und für all das und noch jede Menge mehr – kann (oder muss) man heutzutage ein Abo abschließen. Die Corona-Krise hat uns ganz nebenbei auch einen Abo-Boom (viele meinen mittlerweile sogar einen Abo-Überfluss) gebracht. Vieles davon wird in Zukunft natürlich wieder verschwinden, wenn persönliche Kontakte wieder zur Normalität werden – aber manches wird auch bleiben. Die Entwicklung geht aktuell (noch) nur in eine Richtung: Mehr Angebote, mehr Anbieter, mehr Zerstückelung, mehr monatliche Kosten.
Wird (kann) das immer so weiter gehen?
Muss nun jeder Internet-Unternehmer in Zukunft auf Abo-Modelle umstellen um von dem Boom zu profitieren? Vor allem auch, wenn man bedenkt, dass andere Vertriebswege wie Affiliate-Marketing durch die Cookie-Verbannung der großen Suchmaschinenbetreiber und Internet-Provider wie Google, Firefox und Apple immer mehr unter Druck geraten?
Aber werden sich nicht irgendwann in den nächsten Wochen und Monaten, wenn die Zeit – und damit auch das Geld – wieder knapper werden, viele Menschen die Frage stellen: Welches Abo brauche ich wirklich?
Und, wie reagieren sie dann? Gibt es den dicken Kater nach dem großen Boom? Oder setzt sich das Abo als Geschäftsmodell auch in Zukunft noch in ganz anderen Branchen durch? Wieviel Abos, Konten und Mitgliedschaften braucht der Mensch in (wieder) normalen Zeiten? Wieviel kann (und will) er sich dann leisten?
Haben die Menschen irgendwann genug vom Abo-Overflow?
Tatsächlich zeigen aktuelle Daten aus den USA, dass sich dort unter den Menschen eine Art Abo-Müdigkeit breit macht, dass sich bei manchen sogar ein Gefühl der Überforderung entwickelt. Laut einer Umfrage fühlen sich 47% der Amerikaner abgeschreckt von der immer weiter wachsenden Zahl von Abo-Angeboten. Bei vielen scheint mittlerweile der Punkt erreicht, an dem sie das Gefühl haben bereits genug – oder sogar zu viele – Abos zu haben.
Und, ich glaube, dass kann man auch hier in Deutschland nachvollziehen. Ein gutes Beispiel sind die oben bereits erwähnten Fussball-Abos. Ich glaube, der Punkt, an dem sich auch die eingefleischtesten Fußball-Fans nur noch über den Tisch gezogen fühlen, ist bald – wenn nicht schon jetzt – erreicht. Hier wird die Schraube bereits kräftig überdreht. Was jetzt dem einen oder anderen Anbieter einen Vorteil bringt, wird über kurz oder lang dem Produkt, hier dem Fußball (und damit ja wiederum auch allen Anbietern) gewaltig schaden. Das Image der Raffgier haftet den Verantwortlichen ja nicht erst seit gestern an.
Der Kunde hat bei solchen Sport-Abos nur die eine Wahl: “Friss oder stirb”, also “Zahle oder schau in die Röhre”, weil hier ein exklusives Angebot auf mehrere Anbieter verteilt wird.
Eine zunehmende Abo-Müdigkeit kann man aber auf dem Markt für Online-Lernangebote, Coaches und Trainer beobachten. An Produkten und damit Auswahl mangelt es hier nun wirklich nicht. Trotzdem sind die Nutzer zunehmend genervt, wie ich auch in meiner täglichen Arbeit bemerken kann. Es ist nicht eine mangelnde, sondern die zu große Auswahl!
Hinzu kommen die miese Qualität vieler Angebote und die fehlende Qualifikation vieler Anbieter. Die meisten Kunden der InternetUnternehmerAkademie, mit denen ich persönlich spreche, erzählen mir von ihrer, man kann schon fast sagen, Odyssee durch ein Meer an mehr oder weniger seriösen Anbietern. Viele von unseren Kunden hatten, bevor sie zu uns kamen, schon zwei, drei oder gar ein Dutzend anderer Anbieter ausprobiert. Meist mit wenig Erfolg aber umso mehr Verärgerung. Das führt zu einer großen Frustration bei den Interessenten – und schadet nachhaltig allen, auch den seriösen Anbietern.
Was bedeutet dass für alle Internet-Unternehmer, die auf das Abo als Geschäftsmodell setzen – oder in Zukunft setzen möchten?
- Wie wird sich der Abo-Markt in Zukunft entwickeln?
- Lohnt es sich überhaupt noch ein Abo-Modell auf den Markt zu bringen?
- Was kann man tun, damit man als Abo-Anbieter nicht beim nächsten Entrümpeln auf dem Abo-Sperrmüllhaufen landet?
Diese Fragen werde ich im nächsten Spotlight versuchen zu beantworten. Bis dahin können Sie ja mal versuchen zu zählen, wie viele Abos Sie so besitzen. :-)