Was könnte 2023 bringen?
Das Jahr 2022 geht (endlich) zu Ende – und war, ehrlich gesagt, zu schnell Vergessen. Kommen wir deshalb gleich zu 2023.
Mit optimistischen Blicken und irgendwelchen Hoffnungen halte ich mich für 2023 nach den Erfahrungen mit 2020, 2021 und 2022 lieber zurück. Besser positiv überrascht als (wieder) negativ enttäuscht.
Welche Themen werden uns Internet-Unternehmer/innen im Jahr 2023 beschäftigen?
Der Online-Handel wächst weiter und auch für eigentlich klassische Offline-Unternehmen wie Handwerk und Dienstleistungen wird die digitale Kundengewinnung immer wichtiger, vielleicht sogar überlebenswichtig. In ein paar Jahren ist jeder ein Internet-Unternehmer – oder gar keiner mehr!
Das bedeutet: Die Konkurrenz wird auch im nächsten Jahr weiter wachsen. Der Markt wird dies bei anhaltender Inflation und für 2023 erwarteter Rezession wohl eher nicht. Das verschärft den Marketing-Druck zwangsläufig. Wer erfolgreich werden möchte – und bleiben will – muss sich noch deutlicher von der Konkurrenz abheben. Nicht nur über den Preis, sondern auch über seinen individuellen (Internet)-Auftritt. Nachhaltigkeit und Klimaschutz werden dabei weiterhin eine große Rolle spielen.
Potenzielle Kunden überhaupt zu erreichen wird noch schwieriger, weil sie immer weniger “greifbar” sind. Es gibt schon lange nicht mehr die eine Suchmaschine oder das eine Social-Media-Portal. Facebook schrumpft und Tic-Toc wächst (noch) – aber nicht bei allen Zielgruppen gleichermaßen. Google hat letztes Jahr mit seinem neuen Werbeformat Performance Max das Google-Ads-Marketing ganz schön beschäftigt, aber es ist wohl damit eine der besseren Antworten auf die immer größer werdende Herausforderung durch die immer restriktiveren Bestimmungen für Tracking, Cookies und Co. . Datenschutzkonforme Datenerhebung und -Analyse werden auch nächstes Jahr eines der wichtigsten Themen sein.
Künstliche Intelligenz
Vielleicht wird Ende 2023 aber im Zusammenhang mit Suchmaschinen auch der Begriff ChatGPT in aller Munde sein. ChatGPT ist eine Art Chatbot, der mittels künstlicher Intelligenz (KI) arbeitet und sich selbst-ständig weiter trainiert und optimiert. Die Variante, die auf der Nutzung von Textdateien funktioniert, hat schon einige Lehrer in Panik versetzt, weil sie auf Anhieb bessere Texte schreibt als Schüler und Studenten. Hausaufgaben und Referate in der herkömmlichen Form wären damit obsolet, weil es mit ChatGPT einfach zu einfach ist, gute Texte zu schreiben, fürchten die Lehrer (und frohlocken die Schüler). Andere Experten erwarten, dass dieser Chatbot demnächst Bücher schreiben wird. Nicht nur simple Fachbücher, auch Krimis und Liebesromane. Auch soll das Programm in der Lage sein, komplexe Sachverhalte in leicht verständlicher Form wiederzugeben und sogar Programmiercodes zu optimieren.
Googles Suchmaschine könnte einen ganz neuen Konkurrenten bekommen, denn Chatbot schreibt und analysiert nicht nur Texte auf einem völlig neuen Niveau, sondern soll sich auch in Gesprächen unheimlich gut an seinen Gesprächspartner anpassen können. Das wäre eine Revolution in der Internet-Suche.
Dagegen ist das heutige einseitige Suchbegriffe-suchen, die man auf der Google-Webseite eingeben muss, um halbwegs relevante Ergebnisse zu bekommen, welche man auch noch umständlich selbst lesen muss, eine Steinzeittechnologie. Hat man nicht auf Anhieb die gewünschten Ergebnisse, geht es mit einem ähnlichen Suchbegriff von vorne los. Der Chatbot dagegen fragt kurz nach und wenn man ihm sagt: “Nee, das habe ich nicht gemeint!”, macht er alternative Vorschläge und passt sich so immer besser an. Tippen Sie diese Antwort mal in die Google-Suche! Die aktuellen Alexas, Siris oder Google Nester sollen im Vergleich zu diesem Chatbot ziemlich alt aussehen.
Wer, wie ich in diesem Jahr, einmal versuchsweise einige Programme zur automatischen Texterstellung ausprobiert hat, weiß, dass das aus heutiger Sicht noch zu gut klingt, um wahr zu sein. Aber große Firmen wie Microsoft und der für seinen (vor Twitter!) guten Riecher bekannte Elon Musk, sind schon seit einigen Jahren Geldgeber hinter dieser neuen Technologie. Google hat wohl auch ein ähnliches Programm in der Entwicklung und wer Apple kennt, weiß, dass die bestimmt noch einen draufsetzen wollen. Wer weiß, vielleicht schreibt den Silvester-Spotlight im nächsten Jahr schon der Chatbot! 🙂
Anderes Thema: Dieser immer noch hochgejubelte Coach-den-Coach-Hype wird dazu führen, dass noch mehr “Coaches” sich mit den immer gleichen Klon-Angeboten auf dem jetzt schon völlig überlaufenen Coaching-Markt drängeln. Dazwischen als seriöser, professioneller Dienstleister sichtbar – und erkannt – zu werden, wird nicht leichter. Das wird, wie schon in den letzten Jahren, dazu führen, dass man immer mehr Geld in das Marketing stecken muss – und in der Folge eben auch, dass einige “Coaches” auf noch aggressiveres Marketing mit noch unrealistischeren Versprechen setzen werden. Das widerum wird die Glaubwürdigkeit der übergrößen Mehrzahl an ehrlichen und am Erfolg ihrer Kunden orientierten Coaches weiter beschädigen. Auch hier wird deshalb das Thema “Wie setze ich mich glaubwürdig positiv ab in einem Marktumfeld, das (gefühlt) von einigen wenigen rücksichtslosen “Marketern” dominiert wird? Wie kann ich meiner Zielgruppe glaubhaft vermitteln, dass ich keine(r) von denen bin?” leider weiterhin ganz oben auf der Tagesordnung eines jeden echten Coaches stehen (müssen).
Auch in Sachen Recht und Finanzen wird es wieder einige Dinge geben, die wir im Blick behalten sollten:
Das Papier-Tiger-Bürokratie-Monster “Lieferkettengesetz” kommt zwar im nächsten Jahr, allerdings erst für Unternehmen ab 3000 Beschäftigte und 2024 für die mit mehr als 1000. Das wird die allermeisten von uns Internet-Unternehmern nicht betreffen, aber es ist möglich, dass sich dies in ein paar Jahren ändert.
Anders sieht es bei zwei anderen Gesetzesvorhaben sein, die derzeit vorbereitet werden:
Anscheinend ist ein Gesetz geplant, dass Handelsportale und -plattformen dazu verpflichtet, Meldungen an das Finanzamt zu machen. Das soll einerseits dazu führen, dass vor allem asiatische Händler besser kontrolliert bzw. besteuert werden können, aber so ganz nebenbei erfahren die Finanzämter jedoch auch die Umsätze von so manchem “Privatverkäufer” oder (vielleicht doch nicht so) kleinen Onlinehändler. Das könnte dann widerum zu unangenehmen Nachfragen führen.
Auch in Sachen Urheberrecht soll es neue Regelungen geben, die Internet-Unternehmen dazu zwingen, Urheberrechtsverletzungen, die ihnen unterlaufen sind, aktiv zu melden.
Bisher musste man ja bei Urheberrechtsverletzungen dem Geschädigten auf Anfrage Auskunft darüber geben, was man an wen verkauft/geliefert und wie viel Geld man mit dieser Urheberrechtsverletzung verdient hat, um den entstandenen Schaden irgendwie zu ermitteln und vielleicht weitere dadurch entstehenden Verstöße Dritter zu verfolgen. Das gilt bisher, wie gesagt nur auf Anfrage. Die darf nur gestellt (und muss nur beantwortet werden), wenn man nachweislich der Urheberrechtsverletzer ist.
In Zukunft solle man wohl selbst aktiv werden müssen, wenn einem ein Verstoß bekannt wird. Diesen müsse man dann sofort dem Rechteinhaber melden. Wie das in der Praxis aussehen sollte, kann auch ich mir momentan noch nicht so richtig vorstellen. “Abmahnanwalt, ick hör dir trappsen!”
Die beiden angesprochenen neuen Gesetzesänderungen treten noch nicht sofort in Kraft, es ist noch nicht einmal klar, wann dies geschehen soll, aber man muss sie schon jetzt “auf dem Schirm haben”, denn in Sachen Urheberrecht soll dass dann rückwirkend für Verträge ab 2021 gelten (im Grunde also jetzt schon) – und das Finanzamt wird dann im Verdachtsfälle bei der Abgabe (oder Nichtabgabe) der Steuererklärung im Jahre 2024 auch die Einkünfte aus Verkäufen über Handelsplattformen und -portale aus 2023 genauer unter die Lupe nehmen.
Aber natürlich werden wir die Entwicklungen auch im nächsten Jahr wieder beobachten, analysieren und Ihnen wie gewohnt mit Rat und Tat zur Seite stehen.
Ich wünsche Ihnen und Ihrer Familie einen guten Rutsch & ein gesundes, erfolgreiches neues Jahr!
P.S.: Eines noch! Für all jene, die sich noch daran erinnern können: Das Telegramm wird es 2023 nicht mehr geben. Die Post stellt diesen Service zum 31. Dezember mangels Bedarf endgültig ein. Wenn Sie also (noch) mal eins verschicken wollen, halten Sie sich ran!