Denn es rollt mal wieder eine Abmahnwelle durchs Land. Diesmal scheint es sogar so eine Art Volkssport geworden zu sein, jemanden wegen der Nutzung von Google Fonts abzumahnen, denn es beteiligen sich nicht nur diverse dubiose Abmahnanwälte, sondern auch immer mehr Privatpersonen daran, Webseitenbetreibern nachzujagen, die Google Fonts nicht DSGVO-konform nutzen.
Der Grund ist wohl, weil es so einfach ist, die “Sünder” über Suchmaschinen ausfindig zu machen. Mal eben einen kurzen Codeschnipsel eingeben und schon bekommt man hunderte oder tausende potenzielle Opfer auf dem Silbertablett serviert. Dann geht man selbst auf die Webseite, protokolliert das Ganze und schon hängt der Fisch am Haken.
Nachdem auch uns mittlerweile einige Kunden von Abmahnungen wegen der Einbindung von Google Fonts in die Webseite berichtet haben und um Rat fragten, hier einmal ein kurze Zusammenfassung des Problems.
Aber Achtung: Dies ist keine rechtliche Beratung in irgendwelcher Form. Wir sind keine Anwälte und rat Ihnen, wenn Sie sich nicht sicher sind, immer einen Anwalt hinzu zu ziehen!
Worum geht es eigentlich genau?
Am 2. Januar 2022 hat das Landgericht München entschieden, dass die Remote-Einbindung von Google Fonts rechtswidrig ist, weil sie eine Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts in Form der informellen Selbstbestimmung nach § 823 Abs. 1 BGB darstellt. Daraus wiederum lässt sich ein Ersatzanspruch für den entstandenen immateriellen Schaden begründen. Kurz gesagt: Es ist ein hervorragender Grund für eine schnell erstellte Abmahnung!
Das hat sich mittlerweile herumgesprochen und immer mehr “Glücksritter” versuchen, auf dieser neuen Abmahnwelle mitzureiten.
Was sind denn Google Fonts überhaupt?
Google Fonts ist eine Art Bibliothek für Schriftarten (engl.: fonts). Sie umfasst aktuell mehr als 1400 verschiedene Arten, die man kostenlos auf seiner Webseite verwenden kann. Dazu müssen entsprechende Dateien bereitgestellt werden, die immer dann abgerufen werden, wenn ein Nutzer die eigene Webseite besucht. Allerdings kann man die Dateien auf zwei verschiedene Arten bereitstellen:
- Indem man als Webseitenbetreiber die Dateien herunterlädt, also lokal speichert. Die Daten werden dann, wenn sie gebraucht werden, direkt von Ihrem Server geladen. (Gute Idee!)
- indem man die Dateien remote (in etwa “aus der Entfernung”) nutzt. Die Dateien werden erst und immer (!) dann, wenn sie gebraucht werden, von einem Google-Server heruntergeladen. Dabei werden allerdings Daten wie die IP-Adresse des Webseitennutzers an Google übertragen. Ohne explizite Erlaubnis, die man aber ja nicht vor dem Aufruf der Webseite abfragen kann, ist dies ein Verstoß gegen die DSGVO. (Schwerer Fehler!)
Wie kriege ich heraus, ob ich Google Fonts überhaupt nutze, und wenn ja, remote oder lokal?
Dazu habe ich ein neues Video für unsere Kurs-Teilnehmer:innen aufgenommen, in dem ich zeige, wie man mit einem WordPress-Plugin in wenigen Schritten prüft und sofort anpassen kann, dass ggfl. vorhandene Google Fonts lokal statt extern geladen werden: https://member.internetunternehmerakademie.de/lektionen/google-fonts-lokal-einbinden/
Was soll ich tun, wenn ich eine Abmahnung wegen Google Fonts erhalten habe?
- Ruhe bewahren!
- Sofort kontrollieren, ob und wenn ja, wie Sie Google Fonts einsetzen – und es notfalls schnellstmöglich korrigieren. (Siehe Link zur Anleitung oben.)
- sich überlegen, ob und wie Sie vorgehen wollen.
Noch ist kein Fall bekannt, bei dem ein Abmahner tatsächlich geklagt hat. Auch er geht dabei ein erhebliches Risiko ein, wenn ihm nachgewiesen werden kann, dass er massenhaft abmahnt. Die meisten Abmahner spekulieren wohl eher darauf, dass ein großer Prozentsatz der Abgemahnten schon aus Angst vor den Folgekosten den meist ja eher klein gehaltenen geforderten Betrag (150 – 250 Euro) freiwillig zahlen wird.
Leicht kompliziert wird es, wenn die Abmahnung auch eine Auskunft nach Art. 15 DSGVO einfordert. Kommen Sie dem nicht nach, begehen Sie (möglicherweise einen weiteren) Verstoß gegen die DSGVO.
Aber man muss nicht jedem Hans und Franz Auskunft geben, nur weil der das gern so hätte. Deshalb muss der Abmahner eine Originalvollmacht des Betroffenen, also der Person deren persönliche Daten sie konkret “verraten” haben sollen, vorlegen. Tut der Abmahner dies, aber ist zu vermuten, dass er diese Vollmacht (aus)nutzt, um gezielt nach “Opfer”-Webseiten zu suchen, macht er sich selbst strafbar. Und selbstverständlich müssen Sie in der Lage sein, die betroffene Person in Ihrem System auch identifizieren zu können. Eine dynamische IP-Adresse einer echten Person zuzuordnen ist so gut wie unmöglich. Dann können Sie natürlich auch keine Auskunft erteilen.
Bisher ist auch noch nicht bekannt, dass irgendeine Datenschutzbehörde zum Thema Google Fonts und Auskunftspflicht tätig geworden ist, bzw. ob diese überhaupt schon einmal eingeschaltet wurden. Am Ende ist auch dieses wahrscheinlich eher ein “Druckmittel”, um noch mehr Angst zu schüren.
Was kann man also konkret tun?
Variante 1: Zahlen
Das ist es ja, was die Abmahnung eigentlich wollen. Wenn keine Unterlassungserklärung oder Ähnliches gefordert wird, die Sache also mit der Zahlung erledigt ist, ist dies eine einfache Art und Weise, das Thema zu beenden. Nachteil: Sie haben Geld verloren!
Übrigens: Das Landgericht, auf dessen Urteil sich die Abmahnung ja im Regelfall berufen hat, hat dem Kläger nur 100 Euro Schadenersatz zugesprochen. Wenn Sie zahlen wollen, berufen Sie sich einfach darauf und zahlen nur die 100 Euro.
Variante 2: Aussitzen
Auch hier stehen die Chancen nicht schlecht, dass Sie auch so das Thema vom Tisch bekommen, denn wie gesagt, geklagt hat noch niemand. Und bei der Masse an Abmahnungen ist die “Chance” eher gering, dass man gerade Sie als “Opfer” für eine Musterklage auswählt, sollte es jemals eine geben.
Das Risiko hier ist aber, dass der Abmahnanwalt sie nicht “vergisst” und später einmal, sollte es weitere Urteile diesbezüglich (bisher gibt es ja nur das eine) geben, “wieder auf Sie zurückkommt”. Es bleibt also immer ein mulmiges Gefühl. Aber, wenn Sie dieses aushalten können?
Variante 3: Verhandeln
Wenn Sie ein wenig versiert sind, finden Sie in den allermeisten Fällen in den Abmahnungen eine Menge Punkte die Sie bestreiten oder zurückweisen können, wo Sie konkrete Beweise, Vollmachten, usw. fordern können, wo Sie den Grund oder die Höhe von Forderungen usw. zurückweisen können. Gehen Sie dem Abmahner auf die Nerven. Veranlassen Sie ihn, konkret zu werden. Das wollen die in der Regel ja aus gutem Grund nicht: Da würden Sie sich selbst oft angreifbar machen. Meist werden Sie auch in diesem Falle von den Abmahnern nie wieder etwas hören.
Variante 4: Selbst klagen
Wenn man eine solche Abmahnung von einem dieser Abmahnanwälte bekommt, will man oft schon aus reiner Wut dagegen klagen. Das kann man tatsächlich. Dies nennt sich dann eine negative Feststellungsklage erheben. Sie behaupten damit, dass der Abmahner Sie unberechtigt abmahnt und er muss dann nachweisen, dass dies nicht der Fall ist. Ein solches Urteil will der Abmahnanwalt natürlich unbedingt vermeiden und wird sich mit allen Mitteln dagegen wehren. Dazu braucht man also Mut, Geduld und gute Rechtskenntnisse – und/oder einen guten Anwalt!
Variante 5: Einen Anwalt einschalten
Einen Anwalt kann man hinzuziehen, auch wenn man nicht dagegen klagen möchte. Man bekommt fachmännischen Rat, aber auch der ist nicht kostenlos. Meist wird auch der Anwalt Variante 3 wählen, was dann aber natürlich viel professioneller wirkt. Aber, auch wenn man dann dem Abmahner nichts zahlt, der eigene Anwalt schickt garantiert eine Rechnung, die in den meisten Fällen wohl höher liegt, als das, was der Abmahnanwalt (ja genau deshalb) fordert. Sie haben in der Regel auch hier die Sache schnell vom Tisch, aber zu höheren Kosten.
Der Vorteil hier: Passieren Fehler, haftet der Anwalt! Ihr Risiko, später irgendwie nochmals belästigt zu werden, ist eher gering.