# 22 | Facebook und sein Apple-Problem

Facebook lernt aus seinen Fehlern!

Nee, das ist kein verspäteter Aprilscherz. Tatsächlich scheint Facebook Lehren aus seinem jüngsten Datenleck mit 533 Millionen Nutzerdaten aus 106 Ländern zu ziehen. Nur nicht so, wie wir es uns erhoffen würden. Das zumindest legt eine interne E-Mail nahe, die dummerweise auch an ein belgisches Online-Magazin geschickt wurde.

Die Daten wurden diesmal durch sogenanntes Scrapping (massenhafte, automatische Datenabfragen) “gewonnen”. Anstatt, wie eigentlich naheliegend, zu versuchen weitere solche Datenpannen so gut wie eben möglich zu verhindern, geht man bei dem Social-Media-Riesen einfach davon aus, dass es in Zukunft stattdessen mehr davon geben wird (!) und weil man einfach nichts dagegen tun könne (oder wolle) müsse man das Problem eben kleinreden (framen).

Auszüge aus der internen Mail vom 8.April:

“Langfristig erwarten wir mehr Scrapping-Vorfälle. … Es ist wichtig, dies als Branchenproblem zu definieren und den Fakt, dass so etwas regelmäßig geschieht, zu normalisieren.” “

Normalisieren!” Ja, so kann man es auch sehen. Nutzerdaten sind eh nicht sicher. Also sollten wir die dummen Schafe da draußen schnell daran gewöhnen, dass ihre Daten irgendwann sowieso geklaut werden.

Man sieht, Facebook lernt aus seinen Fehlern. Genau so, wie es Facebook schon immer getan hat. Täuschen, tricksen, tarnen … um bloß nicht das lukrative Geschäftsmodell in Frage zu stellen.

Können Sie sich noch daran erinnern: Bei der Übernahme von Whatsapp durch Facebook im Februar 2014 hatte Zuckerberg doch versprochen keine Daten zwischen den Unternehmen austauschen zu wollen! Aber schon damals gab es Zweifel, wozu Facebook denn sonst 15 Milliarden allein für Whatsapp ausgegeben hat. Und seitdem arbeitet Facebook kontinuierlich daran die Nutzerdaten zentral zusammenzuführen. Steter Tropfen höhlt die Privatsphäre!

Einen weiterer Versuch dazu wurde erst vor wenigen Wochen gestartet: Im Februar 2021 wollte Whatsapp den Nutzern neue AGB aufzwingen. Auszug:

“Wir können mithilfe der von ihnen erhaltenen Informationen (…) unsere Dienste (…) betreiben, bereitstellen, verbessern, verstehen, individualisieren, unterstützen und vermarkten.”

Das nenne ich einen “Blankoscheck ausstellen”! Vorher konnte man diesem Passus noch widersprechen – jetzt nur noch zustimmen.

Diese “Datenfreigabe” sollte zudem für alle Facebook-Ableger gelten. Und darunter sind Whatsapp oder Instagram nur die Spitze des Eisbergs. Zum Facebook-Imperium gehören dutzende oder gar hunderte Firmen, die sich unter anderem auch mit Datenanalyse und anderen sensiblen Themen beschäftigen. Wer sich am Ende an den Daten bedient, kann wohl nicht einmal Facebook selbst mehr nachvollziehen.

Nach einem mittleren bis größerem Shitstorm hatte Facebook diese Änderung zwar wieder zurückgezogen – aber ganz vom Tisch ist sie noch lange nicht. Wahrscheinlich gönnt man den Nutzern jetzt nur etwas mehr Zeit sich daran – genau wie an das Daten-Scratchen- zu “gewöhnen”.

Der “weiße Daten-Ritter”

Datenschützer laufen schon lange Sturm – Regierungen und Kartellbehörden dagegen sahen und sehen mehr oder weniger tatenlos zu. Aber jetzt hat sich ein anderer Akteur, von dem man es nicht unbedingt erwarten würde, zum Privatsphäre-Retter aufgeschwungen – nämlich Apple.

Mit dem Update auf iOS 14 werden Nutzer vorher gefragt, ob sie App-Anbietern ihre IDFA-Nummer “verraten” wollen oder nicht. Diese IDFA (Identifier for Advertising”) wird vom Betriebssystem erzeugt und ermöglicht es einzelne Nutzer zu identifizieren. Sie enthält zwar keine persönlichen Daten wie Name oder E-Mail-Adresse aber Werbenetzwerke können mit ihrer Hilfe Daten aus unterschiedlichen Quellen zusammenführen und so ein detailliertes Nutzerprofil erstellen. Zum Beispiel die Lieferadresse, die man bei einem Online-Händler angegeben hat mit Suchanfragen bei Suchmaschinen oder dem eigenen Facebook-Profil. Am Ende kann so jeder einzelne Nutzer identifiziert und “observiert” werden.

Diese “Datenfreigabe”-Funktion funktioniert fürs erste allerdings nur für die mobilen Geräte, weil Apple nur über seinen App-Store die Datenweitergabe kontrollieren und steuern kann. Auf PCs und Laptops kann man dagegen Programme frei aus dem Internet herunterladen, auf deren Verhalten Apple keinen direkten Zugriff hat. Somit werden die Auswirkungen vor allem App-Anbieter treffen, die mit der Auswertung und/oder dem Verkauf von Nutzerdaten ihr Geld verdienen. Wer in Zukunft über iOS-Apps Geld verdienen möchte, muss dies wohl oder übel direkt über Nutzungsgebühren versuchen – und daran ist auch immer Apple selbst beteiligt. Ganz so uneigennützig ist diese Aktion also auch wieder nicht.

Analyse-Experten rechnen damit, dass 90% der Nutzer der Weitergabe der IDFA nicht zustimmen werden! Vor allem der Konkurrent Facebook wird damit an seiner empfindlichsten Stelle getroffen – der uneingeschränkten Datensammelei. Und so ließ eine wütende Reaktion auch nicht lange auf sich warten. Die Einnahmen gerade von kleinen Unternehmen und Werbetreibenden, die personalisierte Anzeigen über Apps auf iPhones oder iPads schalten, könnten um bis zu 50% zurückgehen. Andere Unternehmen allerdings sehen die Auswirkungen nicht so dramatisch.

Man hätte es wissen können!

Aber was macht eigentlich der andere große Datensammler? Auch das Geschäftsmodell von Google basiert ja auf dem Sammeln und Zusammenführen von Daten um personalisierte Werbung auszuspielen. Die Strategie-Experten aus Mountain View haben schon lange erkannt, dass die Zeit von Cookie-gesteuerter Werbung so langsam abläuft – und suchen seit einigen Jahren bereits nach Alternativen. Auch getrieben durch verschiedene Browseranbieter wie Firefox oder Apple (Safari), die Third-Party-Cookies schon länger blockieren. Und auch Google selbst will 2022 solche Cookies durch seinen eigenen Browser Chrome sperren.

Die Zeit von solchen Cookies ist wohl definitiv abgelaufen – nur hat man wohl vergessen Facebook zu informieren. Oder, die hatten schlicht kein Interesse daran, etwas zu ändern. Lief doch super die letzten Jahre!

Third-Party-Cookies haben ausgedient, das Tracken und Datensammeln natürlich nicht. Google hat im September 2020 mit seinem Consent Mode eine Art Zwischenstufe zwischen dem Nutzer der Google-Dienste (Suchmaschine, Chrome, YouTube, etc.) und denen, die über Google Daten analysieren (Analytics) und nutzen (Google Ads) möchte, installiert. Die Daten werden soweit anonymisiert, dass sie nicht mehr auf einen ganz bestimmten Nutzer zurückgeführt werden können aber dass trotzdem noch personalisierte Analyse und Werbung möglich sind. So könnte die Zukunft das Datensammelns aussehen.

Konkret handelt es sich um eine API-Schnittstelle, die die unterschiedlichen Freigaben der Nutzer speichert und so das Verhalten des Google Tag Managers steuert, der nur die freigegebenen Daten zur Nutzung an die Programme wie Analystics oder Google Ads weiterleitet. Diese Schnittstelle ist eine offene API, so dass auch andere Unternehmen darauf zugreifen können und sie entsprechend in ihre eigenen Programme implementieren können.

Was muss man jetzt als Internet-Unternehmer tun?

Wenn Sie Werbeanzeigen über Facebook-Ads schalten, sind Sie natürlich vom IOS14-Update schon jetzt ganz konkret betroffen, denn das Update wird vom Apple seit dem 26. April ausgespielt. Ihre Werbung wird jetzt nicht mehr gezielt für bestimmte ausgewählte Zielgruppen auf iPhones und iPads angezeigt . Facebook hat bereits reagiert und seinen Kunden eine Anleitung zur Verfügung gestellt, wie sie die Auswirkungen minimieren können.

https://de-de.facebook.com/business/help/331612538028890?id=428636648170202